Beikräuter im Garten: Was darf bleiben, was muss weg?
Beikraut, Wildkraut oder Unkraut?
Je nach persönlicher Sichtweise und Gartenphilosophie verwenden Gärtner_innen für die gleichen Pflanzen verschiedene Begriffe. Unkraut ist der gebräuchlichste Begriff und klar negativ geprägt. Gemeint sind Gewächse, die mit unseren Kulturpflanzen um Licht, Raum, Wasser und Nährstoffe konkurrieren. Oft gehen diese Pflanzen aus dem Konkurrenzkampf als Sieger hervor, denn viele von ihnen entwickeln sich früher und schneller, wachsen kräftiger und höher als Gemüse und Feldfrüchte. Etwas anders sieht es mit der Bezeichnung Beikraut aus. Sie weist bereits im Sinn des Wortes auf eine mögliche Koexistenz hin. Wer den Begriff Wildkräuter verwendet, geht noch ein Stück weiter und betont damit auch die Nutzbarkeit der Pflanzen.
Muss alles gehen?
Es gibt verschiedene Beikräuter, die man im Frühling gut stehenlassen kann, wie den kriechenden Günsel, Veilchen, wilde Möhren, Hirtentäschel etc. Alle diese Pflanzen haben gemein, dass sie im Wuchs niedrig bleiben und sich im Vorsommer wieder einziehen und somit keine starke Konkurrenz für Kulturpflanzen darstellen. Beikräuter, welche Kulturpflanzen nicht aus ihrem Lebensraum verdrängen, dürfen nicht größer werden als die Kulturpflanzen und nicht mit ihnen in Konkurrenz um Wasser und Nährstoffe gehen.
Anders verhält es sich z. B. mit Quecke, Winde, Acker-Schachtelhalm und Franzosenkraut, die aufgrund ihres schnellen Wachstums so schnell wie möglich aus dem Beet entfernt werden sollten. Besonders auf Beeten mit langsam aufwachsenden Direktsaaten wie Möhren, Pastinaken oder Zwiebeln, ist es wichtig, die Fläche frei von Beikräutern zu halten. Regelmäßiges Jäten und Hacken verschafft den Kulturpflanzen Zeit zum Wachsen. Auch eine gründliche Beetvorbereitung und konsequentes Mulchen gehören zu einem guten Beikrautmanagement.
Ökologisch wertvoll!
Außerhalb von Beeten und Rabatten, z. B. am Kompostplatz oder am Gartenrand, ist es sinnvoll, den Beikräutern Freiraum zu bieten. So ist der unbeliebte Giersch im Beet zwar äußerst vermehrungsfreudig, begrünt aber auch schwierige, unansehnliche Ecken im Garten. Alle Kleearten und der Löwenzahn sind wichtige Lieferanten für Pollen und Nektar und ernähren Bienen, Hummeln, Käfer und Schmetterlinge. Die Brennnessel ist eine wichtige Futterpflanze für die Raupen von etwa 50 verschiedenen Schmetterlingsarten; einige sind sogar zwingend auf Brennnesseln als Raupenfutter angewiesen. Andere Schmetterlinge benötigen Wegerich-Arten, bestimmte Gräser oder fressen an Wilder Möhre.
Viele Beikraut-Arten wachsen in unseren Landschaften leider nicht mehr von selbst, da das Saatgut der Kulturpflanzen heute fast vollständig von Unkrautsamen gereinigt wird, Herbizide gespritzt werden und konventionelle Nutzpflanzen durch Züchtungen immer wuchsfreudiger werden. Heute stehen bereits ein Drittel der 350 einheimischen Beikraut-Arten auf der Roten Liste und mit jeder Art, die ausstirbt, verlieren durchschnittlich 13 Insektenarten ihren Lebensraum.
Das generelle Entfernen von Beikräutern aus dem Garten ist also nicht empfehlenswert. Vielmehr sollten wir ihr Vorkommen in wilderen Ecken und naturnahen Bereichen tolerieren und fördern.
(Quelle: Bingenheimer Saatgut)
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